Das Paradies
Vier Themen meiner Lichtkunst

Der Brennpunkt
Meine Lichtobjekte zeigen „Trennscheiben“ zwischen einem Davor und Dahinter. Transparenz und Durchlässigkeit sind ihre Merkmale. Sie sollen zum Durchschauen oder zum „Überschreiten“ verleiten. Auch die Vertikale und die Horizontale spielen in den Bildern häufig eine Rolle. Beide Achsen schaffen eine Unterteilung in verschiedene Bereiche, die gleichzeitig durch sie zusammengehalten werden. Neben dem Davor und Dahinter spielen auch das Oben, das Unten und die Umgebung (links und rechts) eine Rolle. Der Kreuzungspunkt dieser Koordinaten bleibt unsichtbar. Als Brennpunkt bleibt er aber ein zentrales Thema der Bilder.
Die Freiheit
Die Bilder entstehen als Reaktion auf heutige Entwicklungen. Unser Fortschritt ist getragen von der Hoffnung auf eine zunehmende Freiheit des Menschen. Sie soll erreicht werden durch immer neue Grenzüberschreitungn. Selbst Grenzen wie Geburt und Tod sind keine wirklichen Tabus mehr. Pharmakonzerne versprechen Unsterblichkeit und die Heilung von immer mehr Krankheiten. Die Immaterialität virtueller Welten verspricht eine zunehmende Leichtigkeit, eine Befreiung von irdischer und körperlicher Schwere. Permanente Sinnesreize (Virilio) führen in einen Zustand, der einer Ekstase immer näher kommt (s. Flusser). Der totalen Entgrenzung dient die Auflösung der Singularität (s. Sölle, Baudrillard) des Einzelnen im weltweiten Getriebe. Die – vermeintlich – globale Vernetzung ermöglicht so ein großes Fest, an dem alle teilhaben können.
Das Paradies
Alle diese Merkmale des Fortschrittes erinnern merkwürdigerweise an Elemente der Religion und der Mystik. Haben wir mit technischen Hilfsmitteln ein irdisches Paradies geschaffen? Wir können dieses Paradies haben, wenn wir akzeptieren, dass der Mensch als bisher UNVERFÜGBARES WESEN aufhört zu existieren. Mit diesem - vielleicht letzten Tabubruch - würde dieses Paradies erstmals sein wahres Gesicht zeigen. Die viel diskutierte virtuelle Welt hat bereits einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Bilder vom Menschen sind nicht mehr länger einfache Abbilder. Sie erlangen ein Eigenleben und entwickeln sich zum neuen Menschenbild (s. Belting). Diese sehr künstlichen Bilder zeigen einen besseren Menschen. Da das genetisch programmierte Objekt „Mensch“ aufhört als Subjekt zu existieren, wird es keinen Widerstand mehr geben, ihn nach diesen stark suggestiv wirkenden Bildern neu zu schaffen (s. Belting). Das PARADIES wird somit ein Totalitäres, von Technokraten geschaffenes System sein, in dem das wirklich Virtuelle nur noch die Freiheit sein wird.
Der Widerstand
Der in meinen Bildern thematisierte Brennpunkt ist nur negativ beschreibbar. Er verweigert sich dem wissenschaftlichen Zugriff. Es handelt sich um das höchste Gut des Menschen. Obwohl nicht wirklich auslöschbar, kann es aber in Vergessenheit geraten. Diesem Vergessen müssen wir entgegentreten.

Hermann Präg, 2004
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